Seien wir doch ehrlich: Wir, sportlich ambitionierte Radfahrende, sind schon ein komischer Haufen. Wir ziehen uns knallbunte und hautenge Klamotten an und fahren damit auf Rädern die Berge hoch und runter ohne dabei irgendwo bestimmtes hinzufahren. Manchmal noch verwirrender für Außenstehende ist dabei unsere Sprache. Wir benutzen allerlei Wörter und Phrasen, die nur Radfahrer verstehen aber recht befremdlich für Nichtbiker klingen.
Auf Transalpbiker.de wollen wir nun die Kommunikation mit der Biker-Außenwelt erleichtern und ein Wörterbuch beginnen. Dabei sind wir aber auch auf euch angewiesen. Schickt uns ebenfalls eure Vorschläge und Interpretationen von Biker-Vokabular.
„Affenkotelett“: Hierbei handelt es schlicht und einfach um eine Banane. Diese sind bei Bikern vor allem deswegen beliebt weil man sie gut in der Trikotasche transportieren kann und eine gute Energiequelle während Belastungen darstellt.
“Bis zur Hüfte in der Milch stehen”: Nein, es handelt sich nicht um eine maßlose Lebensmittelverschwendung unter Bikern. Gemeint ist das Laktat, auch Milchsäure genannt, welche in den Muskeln bei anaerober (also sehr starker) Beanspruchung produziert wird. Das Laktat verursacht ein brennendes Gefühl in den Beinen – ein untrügliches Zeichen, dass das angeschlagene Tempo nicht lange zu halten ist. Wenn man dann bis zur Hüfte in der Milch steht, brennen die Muskeln sehr stark und man ist an der Leistungsgrenze angekommen.
„Kette rechts!“: Dieses Phrase transportiert nicht nur eine technische Information, nämlich die Lage der Kette auf dem Ritzel und Kettenblatt ganz rechts (aus der Perspektive des Radfahrenden gedacht). Bikern ist dabei natürlich intuitiv klar, dass es sich dabei um den schwerstmöglichen Gang handelt. „Kette rechts“ suggeriert daher auch, dass man Vollgas gibt. Aber Achtung! Bergauf macht das Kommando „Kette rechts!“ nicht viel Sinn, es sei denn man heißt Jan Ullrich.
„Rettungsring“: Dies ist ein weiteres Wort, welches seine Bedeutung aus technischen Aspekten des Radsports bezieht. Es geht nun um das größte Ritzel (die hinteren Zahnräder), das ganz links steht, nämlich am nähesten zu den Radspeichen. Wenn die Kette hier liegt, hat man die einfachste Übersetzung und damit ist relativ wenig Kraft auf die Pedale zu bringen. Der Vortrieb ist damit natürlich geringer. Am Berg, wenn die Körner alle sind oder ein Hungerast da ist, ist man aber froh wenn man noch runterschalten und sich daher vom Rettungsring retten lassen kann.
„Körner“: Ein Korn ist eine nicht genau definierte aber kleinen Menge an verbliebener, noch in den Muskeln und sonstigen körperlichen Speicherorten schlummender Energie, die der Biker zur Verfügung hat um Leistung auf die Pedale zu bringen. Je mehr Körner man noch hat, desto größer sind also die Energiereserven. Daraus erklären sich auch viele andere Metaphern rund ums Thema Körner.
– Körner liegen lassen: Durch eine Kraftanstrengung besonders viele Energie zu verbrauchen, bspw. auf einem steilen Anstieg
– Keine Körner mehr haben: Platt sein, keine Energie mehr haben
– Körnersilos wieder auffüllen: Essen, meist Kohlenhydrate, die am besten zu verfeuern sind während Belastungen
„Hungerast“: Dieses Wort bezeichnet einen plötzlichen Leistungseinbruch bei Ausdauersportlern der als Folge von aufgebrauchten Kohlenhydraten eintritt. Den Muskeln fehlt der Treibstoff, der Körper stellt auf Fettverbrennung um, die aber nur deutlich weniger Leistung (also Arbeit pro Zeit) zur Verfügung stellen kann. Damit erklärt sich der erste Wordbestandteil Hunger selbst, man braucht dringend Energiezufuhr (z.B. durch ein Affenkotelett). Aber warum Ast? Wiktionary mutmaßt, dass dies eine Metapher für den krummen Rücken des Radfahrers ist. Dies überzeugt uns nicht! Wir vermuten die Assoziation mit dem Sprichwort „auf dem absteigenden Ast“. Auf einem solchen befindet man sich nämlich wen man einen Hungerast hat.
„Lutschen“: Radfahrer lutschen gerne, tun das aber ganz ohne Zungeneinsatz. Lutschen bedeutet direkt hinter einem vorausfahrenden Radfahrer zu fahren und somit weniger Fahrtwind abzukommen. Dadurch lässt sich durch weniger Leistung die gleiche Geschwindigkeit fahren relativ zum Fahrer der im Wind „steht“. Da man dabei sehr nah ist am Hintermann, sozusagen in Lutschreichweite, spricht man vom Lutschen. Wenn man sich beim Lutschen abwechselt, spricht man vom Kreiseln, da man sich kreisförmig umeinander bewegt. Mal ist einer vorne, mal die andere!
„Jemanden stehen lassen / ziehen lassen“: Hier handelt es sich um ein Wortpaar, welches das gleiche Phänomen aus zwei verschiedenen Perspektiven beschreibt. Wenn zwei Radfahrer zunächst zusammen unterwegs sind, einer der beiden aber nicht mehr mithalten kann, dann muss dieser den schneller werdenden Radfahrer „ziehen lassen“, man sagt auch er „lässt abreißen“. Umgekehrt lässt der Schnellere den Langsamen „stehen“, auch wenn der Langsame nicht wirklich stehen bleibt.
„Tapete lassen“: Bezieht sich insbesondere auf Fahrer die auf Asphalt unterwegs sind. Hier handelt es sich um eine Metapher, welche ausdrückt, dass es bei einem Sturz vom Fahrrad zu Hautabschürfungen kommen kann. Die markanten Streifen an Knien, Armen oder auch mal am Rücken erinnern den geneigten Heimwerker ans Tapezieren. Alternativ werden die Abschürfungen auch gern mal als Schotterflechte bezeichnet. Wenn man genauer darüber nachdenkt: *brrrrr* Da stehen einem die Haare zu Berge.
„Gute Beine haben“: Diese Phrase erklärt sich fast von selbst, aber eben nur fast. Es geht dabei nämlich nicht um generell gute, ausdauernde Radsportbeine. Gute Beine zu haben bedeutet vielmehr an einem bestimmten Tag oder in einem bestimmten Moment eine gute Leistung auf die Pedale zu bringen, wie z.B. „Am letzten Berg hatte ich richtig gute Beine und habe alle stehen lassen!“. Im Unterschied bezieht sich die Phrase „das Bein steht“ auf die imposante Optik durchtrainierter Radsportlerbeine.
„Ballern“: Wer richtig schnell fährt und somit unter hohem Leistungseinsatz hochpulsig unterwegs ist der „ballert“. Einen Downhill der mit viel Risikoeinsatz gefahren wird, wird ebenso manchmal „heruntergeballert“.
„Platzen“: Radsportler platzen regelmäßig auf steilen Anstiegen ohne dabei irgendwelche Flecken auf der Straße zu hinterlassen. Platzen tut nämlich die Leistungsfähigkeit, nicht der Pedalierer. Wer also platzt, verzeichnet einen plötzlichen Leistungseinbruch. Meist ist damit eher kein Hungerast (siehe oben) gemeint, sondern das plötzliche und ganz normale Wegbrechen eines nicht nachhaltigen, zu schnellen Fahrens.
Haben wir Wörter und Phrasen, die nur Radfahrer verstehen, vergessen? Versteht ihr die Begriffe aus unseren Listen gar anders? Schreibt uns gerne unter info@transalpbiker.de!